Prinz Jussuf von Ägypten…

Erinnerung an die Dichterin Else-Lasker Schüler

Heute vor 75 Jahren starb Else Lasker-Schüler im Exil in Jerusalem. In der Weimarer Republik war die Dichterin eine der schillernsten Persönlichkeiten. Ihre Wahlheimat war die Metropole Berlin. Selbst hier fiel sie mit ihrer exzentrischen Erscheinung auf. Der Schriftsteller Wieland Herzfelde hat einen ihrer Auftritte beschrieben: „Sie hatte ein blaues Seidengewand an, silberne Schuhe, (auch) die Haare wie Seide, tiefschwarz. Was so überraschte: Jussuf war ganz Weib, schön, voller Sinnlichkeit“.

Und Else Lasker-Schüler umgab sich gern mit Geheimnissen, strickte ihre eigenen Fantsiebiografie, spielte mit den Geschlechterrollen: „Ich bin in Theben (Ägypten) geboren, wenn ich auch in Elberfeld zur Welt kam, im Rheinland. Ich ging bis elf Jahre zur Schule, wurde Robinson, lebte fünf Jahre im Morgenlande, und seitdem vegetiere ich.“ Als Else Lasker-Schüler diese Selbstbiografie erfand, hatte sie schon begonnen, Briefe mit „Prinz Jussuf von Ägypten“ oder „Der schwarze Schwan“ zu unterzeichnen.

Neben dieser Inszenierung ihrer Persönlichkeit war ihr Kunst das Gedicht! 1902 erschien „Styx“, ihr erster Gedichtband. Weiter wichtige Publikationen folgten, etwa Die Wupper (Drama, 1909), Gesammelte Gedichte (1917) und Mein blaues Klavier (Gedichte, 1943) .

Weltende

Es ist ein Weinen in der Welt,
als ob der liebe Gott gestorben wär,
und der bleierne Schatten, der niederfällt,
lastet grabesschwer.

Komm, wir wollen uns näher verbergen …
das Leben liegt in aller Herzen
wie in Särgen.

Du! wir wollen uns tief küssen –

Gottfried Benn nannte sie „die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte. Ihre Sprache war ein üppiges, prunkvolles, zartes Deutsch. Darin vermochte sie ihre leidenschaftlichen Gefühle auszudrücken, ohne das Geheimnisvolle zu entschleiern und zu vergeben, das ihr Wesen war.“

Als Jüdin musste Else Lasker-Schüler vor den Nazis fliehen. 1933 wurde sie auf offener Straße von einer SA-Truppe angegriffen. Am 19. April 1933 verließ die 64-Jährige Deutschland. Ihr Ziel war die Schweiz. Über sechs Jahre wurde sie dort jedoch lediglich geduldet. 1939 wurde ihr nach einer Palästinareise die Wiedereinreise verweigert. Fortan lebte sie bis zu ihrem Tod 1945 in Jerusalem.

Auch für den Nahen Osten hatte Lasker-Schüler ungewöhnliche Ideen:

Wissen Sie, wie man das jüdisch-arabische Problem lösen kann? Es gibt nur einen Weg: Freude schaffen. Wir gründen einen Rummelplatz für Juden und Araber, den beide Völker besuchen werden und wo sie gemeinsam Reibepfannkuchen essen, Karussell fahren und Glückshafen spielen.

Else Lasker-Schüler in einem Gespräch 1937, Erinnerung von Schalom Ben-Chorin, 1945

 1943 erschien in einer Auflage von 330 Exemplaren in Jerusalem „Mein blaues Klavier“ ein letzter Gedichtband:

„An meine Freunde. Nicht die tote Ruhe – / Bin nach einer stillen Nacht schon ausgeruht. / Oh, ich atme Geschlafenes aus, / Den Mond noch wiegend / Zwischen meinen Lippen.“



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